Soll ein Frontend-Entwickler Designfehler korrigieren?

Wer in Agenturen oder cross-funktionalen Teams arbeitet, kennt die Situation:
Der Designer liefert das fertige Figma- oder Adobe-XD-Layout, doch beim Umsetzen stolpert der Frontendler über fehlende Abstände, widersprüchliche Komponenten, falsche Zustände oder schlichtweg nicht responsiv gedachte Elemente.
Die Frage ist: Soll der Frontend-Entwickler diese "Fehler" einfach beheben? Darf er das? Oder muss alles zuerst mit dem Designer abgestimmt werden?
Zwischen Pixel und Verantwortung
Zunächst einmal: Design ist nie perfekt. Kein Figma-Prototyp bildet alle möglichen Zustände ab. In jeder Design-Datei gibt es Stellen, die beim genaueren Hinsehen Fragen aufwerfen:
Was passiert hier bei Hover? Wie verhält sich das bei langen Texten? Fehlt hier vielleicht eine Mobile-Variante?
Gleichzeitig ist der Frontend-Entwickler die erste Person, die das Design zum "Leben" bringt. Es ist der Moment, in dem aus statischen Bildern eine funktionierende Website wird. Genau hier entsteht der Graubereich zwischen Technik und Ästhetik.
"Das ist nicht mein Job!" – Oder doch?
Manche Frontend-Entwickler sagen klar: "Ich bin für den Code da. Wenn etwas im Design fehlt, muss der Designer das klären."
Diese Haltung ist technisch korrekt, aber in der Praxis oft unbrauchbar. Ein modernes Projekt ist ein Zusammenspiel vieler Rollen – und die Grenzen sind nicht immer eindeutig.
Wenn der Entwickler beim Umsetzen bemerkt, dass eine Lösung nicht funktioniert, nicht konsistent ist oder schlicht visuell unsauber wirkt, sollte er zumindest den Mut haben, es anzusprechen oder zu verbessern – sofern er die Kompetenz und das Gespür dafür hat.
"Darf ich das überhaupt ändern?"
Ein zentraler Punkt ist die Frage nach Erlaubnis: Darf ein Entwickler Entscheidungen ĂĽber das Design treffen?
Die Antwort: Es kommt darauf an.
In agilen Teams, in denen Kommunikation auf Augenhöhe gelebt wird, ist es meist erwünscht, dass Entwickler proaktiv mitdenken und Lösungen vorschlagen. In sehr hierarchisch oder stark gestalterisch geführten Projekten kann es hingegen als "Einmischung" wahrgenommen werden, wenn ein Frontendler ästhetische Entscheidungen trifft.
Entscheidend ist also das Team-Setup, die Projektkultur und auch der Erfahrungshintergrund des Entwicklers. Wer bewusst, begründet und transparent handelt, wird selten anecken. Wer dagegen "einfach mal macht" und dann das Ergebnis präsentiert, riskiert Konflikte.
Typische Beispiele aus der Praxis
- Abstand fehlt? Wenn in einem Modul kein Padding angegeben ist, obwohl alle anderen Module 24px nutzen: Klar, hinzufĂĽgen.
- Zustand fehlt? Ein Button hat keinen Hover? Lieber einen sauberen Standard-Hover einbauen als gar keinen.
- Mobile vergessen? Wenn das Design nur fĂĽr Desktop vorliegt, sollte der Frontendler grundlegende Prinzipien von Responsive Design anwenden, ohne auf ein neues Mockup zu warten.
- Typografie uneinheitlich? Besser auf Konsistenz achten als blind nach Vorlage pixeln.
In all diesen Fällen geht es nicht darum, das Design zu "verbessern", sondern Lücken zu schließen, die im Designprozess oft unvermeidlich sind.
Kommunikation ist (wie immer) der SchlĂĽssel
Ein guter Frontend-Entwickler muss nicht nur coden, sondern auch kommunizieren. Wer Änderungen vornimmt, sollte dokumentieren, begründen und offen für Feedback sein. So wird aus "Eigeninitiative" kein "Wildwuchs".
Ein einfacher Satz wie:
"Ich habe beim Umsetzen gesehen, dass dieser Zustand fehlt und auf Basis des restlichen Layouts einen Vorschlag gemacht. Passt das fĂĽr dich so?"
…wirkt Wunder.
Fazit: Kein Schwarz oder Weiss
Soll ein Frontend-Entwickler Designfehler ausbessern? Ja – aber mit Fingerspitzengefühl.
Er sollte Unklarheiten erkennen, kleine Ungenauigkeiten beheben können und sinnvolle Vorschläge machen. Aber immer in Absprache, nie im stillen Kämmerlein.
Frontend ist nicht nur Pixelarbeit, sondern Schnittstelle zwischen Design und Technik. Wer das versteht, wird als Entwickler nicht nur geschätzt, sondern auch aktiv in den kreativen Prozess eingebunden – und genau das macht moderne Frontend-Entwicklung heute aus.
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